Lehrer, Lehrer-Eltern-Beziehung, Schulleiter

Der beste Schulleiter der Welt

Wir hatten und haben immer großes, eigentlich größtes Glück gehabt mit den Lehrern und Schulleiter/Innen meiner Tochter. Und deshalb kann ich einen Blogeintrag schreiben, wie wichtig der beste Schulleiter der Welt für Dich werden wird, liebe Mutter am anderen Ende des Internet.

 

Klar sagst Du jetzt: “ ja, was bringt mir der beste Schulleiter der Welt, wenn der in Bayern sitzt, aber ich in Hamburg / Buxtehude / Elmsbüttel/ Köln?“

 

Nun, es geht nicht um diesen einen besten Schulleiter der Welt, ich gehe ohnehin davon aus, dass wir ihn nicht lange als Schulleiter haben werden und er eine steile Karriere im Kultusministerium machen wird, es geht um den besten Lehrer der Welt, den besten Schulleiter der Welt, den besten Hausmeister der Welt für DICH liebe Mutter am anderen Ende des Internet.

Mein bester Schulleiter der Welt und ich, wir hatten und haben durchaus den ein oder anderen Stolperer in unserer Beziehung, ich bin versucht zu schreiben, dass wir als Eltern gerne mal nachfragen aufbegehren und meckern, und ich bin auch versucht zu schreiben, dass meine Erlebniswelt vielleicht ein bisschen von dem abweicht, wie der Durchschnittselter dieser Schule Dinge erlebt, wahrnimmt und bewertet und ich bin ebenfalls versucht zuzugeben, dass ich mit diesem Erleben nicht zwingend hinter dem Berg halte und dass  ich +Diplomatie- nun ja, ich glaube, Du hast selbst bereits gelesen, wie diplomatisch ich im Auslieferungszustand bin. Es war auf jeden Fall holprig an einigen Stellen, und dummerweise ist der beste Schulleiter der Welt nicht nur ein Schulleiter, sondern auch noch der Lateinlehrer meiner Tochter – an einem humanistischen Gymnasium. Also doppelt wichtig, wenn man so will.

Und so kam es wie es kommen musste: der beste Schulleiter der Welt und ich krachten zusammen. Und zwar richtig. Ich weiss nicht mehr, was der Auslöser war, und ich weiss auch nicht mehr, was effektiv dazu geführt hat, dass die Situation komplett eskaliert ist, ich bin mir im Nachhinein aber ziemlich sicher, dass mein persönliches Erleben und Verhalten zu guten 80% die Angelegenheit befeuert hat. Wir haben alle ein persönliches Erleben und Verhalten und unsere eigene Geschichte mit unseren Prägungen und Erfahrungen, und mein Erleben und Verhalten und meine durchaus als unglücklich zu bezeichnende Prägung ist an einigen Punkten, von denen wiederum einige direkt mit dem Schulthema zu tun haben, nicht das, was man „normgerecht“ nennen kann. Meist schicke ich meinen Mann vor, der wesentlich ruhigeren Gemüts ist, aber wenn irgendetwas in mir zu dem Schluss kommt, dass mein Kind in Gefahr ist, dann tauche ich auf, und das läuft meistens.. schlecht. Ziemlich schlecht. Ich sollte mir überlegen, in Zukunft vor jedem Gespräch eine Mail zu schicken mit den Worten “ Achtung, wandelnde Bombe, tickt schnell aus, ist leicht reizbar, bereut es aber anschließend ziemlich. No touch, no talk, no eye contact“. (Sorry Cesar Milan, hat so gut gepasst, weil ich mich auch innerlich als Pitbull beschreiben würde – wenn ich mich verbeisse, dann lasse. ich. nicht. mehr. los.)

Soviel zur grundliegenden Erläuterung, wie es dazu kommen konnte, dass der beste Schulleiter der Welt und ich uns in einer Situation wiederfanden, in der der Ton scharf  war und die Fronten unversöhnlich wirkten. Ich glaube, diese Situation kennen viele Eltern mit vielen Lehrern. Und meist ist das dann der Anfang von Rechtsanwälten, die einberufen werden (ja liebe Lehrer, lest das, denn manchmal sieht man den Schmerz im anderen nicht im Elterngespräch!) und Beschwerden und was weiss ich nicht alles.

Du hast aber eine Wahl, liebe Mutter am anderen Ende des Internets. Du kannst das machen, was Dir vermutlich relativ schnell abtrainiert wurde – Schwäche zeigen. Ich weiss, dass das unfassbar anstrengend ist, wenn die Fronten verhärtet sind, und man innerlich im Sechseck springt und einfach alles ungerecht ist, und vielleicht auch ein bisschen Überforderung mit rein spielt, und die Verzweiflung (die hier immer wieder Thema ist, weil es einfach eine der bösartigsten Lügen ist, die wir Mütter uns gegenseitig immer wieder erzählen),  darüber dass “ es bei allen anderen ja auch klappt, nur bei meinem Kind / bei mir nicht“. ( jou, ne, is klar.)

Ich kann mich erinnern, wieviel Mut und Vertrauen in eine damals komplett fremde Person (die ich auch noch als ungerecht erlebt habe) es mich damals gekostet hat, eine Email zu schreiben, in der ich einigermaßen ruhig und sachlich versucht habe, darzulegen, wie es MIR geht. Nicht wie es meiner Tochter geht, nicht wie doof ich die Entscheidung des besten Schulleiters der Welt fand (ich glaube es ging um etwas in diese Richtung), nicht wie ungerecht ich alles fand, nicht wie unzufrieden ich war in der Situation im allgemeinen und besonderen, nicht um gefühlte Ungerechtigkeiten- nichts. Nur, wie es MIR ging. Warum ich so reagiert habe, wie ich reagiert habe. Warum mein Tonfall hart und scharf war und warum ich in dieser Situation, basierend auf meiner Geschichte, manchmal so reagiere wie ich reagiere. Und wie groß mein Kampf ist, zu versuchen, meine Tochter eben nicht so durch die Schule und die Kindheit zu bringen, wie ich durch die Schule und die Kindheit gebracht wurde. Einfach blanke nackte brutale Ehrlichkeit MIR gegenüber mit dem sich zwangsläufig aufdrängenden Eingeständnis, dass ich menschlich echt Scheisse gebaut habe und einer Entschuldigung.

Liebe Mutter am anderen Ende des Internet, glaube mir, das war voller Einsatz bei vollem Risiko. Ich hatte Glück und habe diese Email an einen Menschen geschickt, der sehr wohl das in sich vereint, was man sich von einem Pädagogen wünscht, und der groß genug war, anzurufen und zu sagen „Schwamm drüber“. Manchmal hat man dieses Glück nicht, ich gebe das zu – Lehrer sind auch nur Menschen.  Ich kann mich auch erinnern, wie sehr ich befürchtet hatte, dass die Situation noch mehr eskaliert – wie gesagt, es war voller Einsatz bei vollem Risiko. Ich kann Dir also nur raten, wenn eine Situation eskaliert, versuche weich zu bleiben. Versuche in der Schule Deines Kindes den Lehrkräften so offen gegenüber zu sein, wie es Dir möglich ist. Lass die Schnörkel weg, das Erklären, Anklagen, die Schuldzuweisungen. Bleib bei Dir. Es ist hart, aber es ist machbar. Und manchmal bekommt man einen Menschen zu sehen, der eigentlich auch nur das will, was Du willst, nämlich: das Beste für Dein Kind. Und das gibt Dir wiederum Luft und das Gefühl, nicht alleine zu sein, sondern einen Partner zu haben, der mit Dir den Weg geht – und das ist wirklich viel viel viel wert. Mein bester Schulleiter der Welt ist in der Zeit von unserem Krach zu heute für mich nachvollziehbar ungefähr 5 mal eingesprungen um meine Tochter an die Hand zu nehmen und ihr zu helfen- für mich nicht nachzuvollziehen vermutlich wesentlich öfter.

 

Ergänzung: ja, es gibt ganz schräge Lehrer, genauso wie es auch ganz schräge Ärzte oder ganz schräge Busfahrer gibt. Ja, es gibt Ungerechtigkeiten und Mobbing, und ja, es gibt ganz ungute Dynamiken zwischen Kind und Lehrer oder zwischen Eltern und Lehrern. Dazu gibt es viele viele Einträge im Internet, was man machen kann und viele viele Rechtsanwälte, ich muss das nicht wiederkäuen. Manchmal klagen Eltern um gute oder bessere Noten und drohen mit dem Rechtsanwalt. Liebe Lehrer: nicht alle Eltern können klar kommunizieren, was eigentlich dem Ganzen zugrunde liegt. Nicht alle Eltern sind mutig genug, sich zu öffnen und verletzlich zu sein, und glauben Sie mir, es gibt  nichts! auf der Welt, worin Eltern tiefer zu verletzen sind als über das eigene Kind (also die meisten zumindest). Vielleicht hilft es, wenn Sie den Eltern – statt sich zu rechtfertigen (was Sie gerne machen, geben wir es mal zu) einfach sagen, dass Sie das Gleiche -nein eigentlich dasselbe- wollen wie Ihr Gegenüber: Das Kind gut und sicher durch die Schule bringen. In Ordnung? Und, ebenfalls liebe Lehrer, ich bekomme das oft mit, dass junge Lehrkräfte sich von ihren Schulleitern im Stich gelassen fühlen, wenn Eltern zur Schulleitung eskalieren und die Schulleitung dann Entscheidungen kippt oder zurückpfeift, die Sie getroffen haben. Manchmal ist es vielleicht so, dass die Schulleitung in einem Gespräch näher an den Kern des Problems kommt als es Ihnen möglich ist- weil die Fronten schon verhärtet sind, oder weil Sie als Lehrkraft ebenfalls Probleme haben, Ihre Verletzlichkeit und Ihre Menschlichkeit zu zeigen. Ich weiss, dass Elterngespräche gefürchtet sind, und ich weiss auch, dass es keine Vorbereitung für diese Elterngespräche gibt im Studium. Ebenso weiss ich, dass Sie alleine gelassen werden und dass es einigen von Ihnen regelrecht vor derartigen Auseinandersetzungen graut. Denken Sie an den berühmten Axtdieb und glauben Sie mir, dass es uns Eltern im Durchschnitt mindestens genauso vor solchen Gesprächen graust wie Ihnen und dass wir nicht aus Bösartigkeit und purem Frust getrieben zu Anwälten rennen. Ich gebe zu, dass das nicht Ihr Auftrag sein kann, in Gesprächen zu eruieren, welcher Schuh die Eltern drückt. Aber wenn Sie vermitteln können, dass Sie das Kind wohlwollend im Auge haben, dann haben Sie damit eine Menge gewonnen- und wenn es nur die Bereitschaft des Gegenübers ist, Ihnen zuzuhören.

 

Und, noch ein klitzekleiner Nachtrag, liebe Mutter am anderen Ende des Internet: geh mal zu den Lehrern, mit denen es gut läuft. Entweder in den Elternabend oder in die Sprechstunde. Und sag einfach mal “ hej, ich höre wirklich so viel Gutes über Sie, danke, dass Sie so einen guten Unterricht machen“.  Lehrer sind auch nur Menschen, und meist bekommen sie nämlich nur dann uns Eltern zu Gesicht, wenn es ein Problem gibt. Das ist auf Dauer auch sehr frustrierend.